Ich bin O.K. – Du bist O.K. – Eric Berne

Eric Berne

Die Transaktionsanalyse wurde in den 1960er Jahren von Eric Berne (1910–1970) entwickelt. Berne wurde 1910 in Kanada geboren, schloss 1935 sein Medizinstudium ab und eröffnete 1940 als amerikanischer Staatsbürger seine eigene Praxis in den USA. Während des Zweiten Weltkriegs (1934–1946) war er als Psychiater tätig und setzte danach seine bereits im Studium begonnene psychoanalytische Ausbildung fort.

Ab 1956 begann Berne, eigene Ansätze in der Psychotherapie zu entwickeln. Diese veröffentlichte er in den darauffolgenden Jahren. 1964 gründete er die Internationale Gesellschaft für Transaktionsanalyse (ITAA). Am 15. Juli 1970 verstarb er an einem Herzinfarkt.

Eric Berne war Mediziner und psychoanalytisch ausgebildeter Psychiater, dessen Ziel es war, die klassische Psychoanalyse um Erkenntnisse aus anderen Bereichen, wie Kommunikations- und Neurowissenschaften, zu erweitern. So entstand aus seiner langjährigen Forschung die Transaktionsanalyse.

Transaktionsanalyse

Die Transaktionsanalyse (TA) beschreibt die Entstehung und Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit. Sie basiert auf Verständnis und Empathie und sieht jeden Menschen als einzigartig, wertvoll und liebenswert. Das Konzept der TA setzt auf offene und freie Kommunikation und analysiert die zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation zwischen mindestens zwei Personen.

Thomas A. Harris beschreibt die TA in seinem Buch „Ich bin o.k. Du bist o.k.“ mit folgendem Beispiel:

„Eine Transaktion im speziellen psychologischen Sinne ist gewissermaßen ein seelischer Geschäftsabschluss zwischen zwei Menschen. Der eine bietet etwas (ein Verhalten) an, der andere steigt in das Geschäft ein und nimmt das Angebot ab, indem er in entsprechender Währung zurückzahlt. Zwischen einem Sender und einem Empfänger spielt sich ein kompliziertes Geben und Nehmen ab. Die Rollen des Senders und Empfängers können dabei blitzschnell und wiederholt ausgetauscht werden. Immer aber übt ein bestimmter Ich-Zustand des Senders einen Reiz auf den Empfänger aus, der mit verbalen und nonverbalen Verhaltenssignalen seines jeweils angesprochenen Ich-Zustandes darauf reagiert.“

Heutzutage wird die TA nicht nur in psychologischen Bereichen angewendet, sondern findet auch in der Personal- und Organisationsentwicklung Einsatz. Sie gilt im deutschsprachigen Raum als ein anerkanntes Konzept für Persönlichkeitsentwicklung in Einzel- und Gruppenkontexten.

Grundeinstellungen: Die vier Lebensanschauungen

Berne ging davon aus, dass Kinder schon früh grundlegende Überzeugungen über sich selbst und andere entwickeln. Diese Überzeugungen bilden sich oft im Rahmen der sogenannten Skriptbildung und beeinflussen das gesamte weitere Leben, wenn sie nicht bewusst geändert werden. Die Transaktionsanalyse unterscheidet vier Lebensanschauungen:

  1. Ich bin nicht o.k. – Du bist o.k.
  2. Ich bin nicht o.k. – Du bist nicht o.k.
  3. Ich bin o.k. – Du bist nicht o.k.
  4. Ich bin o.k. – Du bist o.k.

Laut Berne entscheidet sich ein Kind spätestens im dritten Lebensjahr für eine dieser Grundeinstellungen:

1. Ich bin nicht o.k. – Du bist o.k.

Diese erste Einstellung basiert auf den Erfahrungen des ersten Lebensjahres. Ein Kind, das sich von der Fürsorge anderer abhängig fühlt und sich selbst als hilflos wahrnimmt, kommt zu dieser Lebensanschauung. Sie beinhaltet jedoch Hoffnung, da das Kind in den anderen eine Quelle von Fürsorge erkennt.

2. Ich bin nicht o.k. – Du bist nicht o.k.

Diese Einstellung entsteht häufig bei Kindern, deren Bezugspersonen kalt und abweisend sind. Das Streicheln und die Anerkennung, die das Kind im ersten Lebensjahr erfahren hat, werden plötzlich entzogen, und Bestrafungen treten an ihre Stelle.

3. Ich bin o.k. – Du bist nicht o.k.

Kinder, die von ihren Eltern schlecht behandelt oder misshandelt werden, entwickeln oft diese Lebensanschauung. Um mit der Situation umzugehen, können sie sich selbst streicheln oder sich einreden, dass die Schuld immer bei den anderen liegt.

4. Ich bin o.k. – Du bist o.k.

Diese Einstellung unterscheidet sich von den anderen drei, da sie bewusst getroffen wird. Sie erfordert mehr Informationen und eine aktive Entscheidung, die auf Denken, Glauben und Engagement basiert.

Beispiel für Lebenspositionen

Hier ist eine erweiterte Version, die die Herausforderung mit einem schwierigen Auftraggeber berücksichtigt:

Ein Projektleiter steht vor einem schwierigen Gespräch mit einem Auftraggeber, der primär auf Einsparungen fokussiert ist, optimierungspotenzial ignoriert und arrogant auftritt. Er kann das Gespräch mit verschiedenen Einstellungen angehen:

a) „Warum soll ich es versuchen, wenn der Auftraggeber ohnehin nur sparen will und mich nicht ernst nimmt?“
Lebensposition: Ich bin nicht o.k. – Du bist nicht o.k.
Einstellung: Der Projektleiter sieht den Auftraggeber als uneinsichtig und sich selbst als machtlos, was ihn in eine resignierte Haltung bringt.

b) „Ich werde ihn zwingen, meine Vorschläge zu akzeptieren!“
Lebensposition: Ich bin o.k. – Du bist nicht o.k.
Einstellung: Der Projektleiter begegnet der Arroganz des Auftraggebers mit Dominanz und versucht, seine Ansichten durchzusetzen, was die Zusammenarbeit erschwert.

c) „Der Auftraggeber hat die Macht und ich kann sowieso nichts ändern.“
Lebensposition: Ich bin nicht o.k. – Du bist o.k.
Einstellung: Der Projektleiter fühlt sich dem Auftraggeber unterlegen, gibt nach und lenkt seinen Frust gegen sich selbst oder andere.

d) „Ich werde den Auftraggeber trotz seiner Haltung von den Vorteilen meiner Optimierungsvorschläge überzeugen.“
Lebensposition: Ich bin o.k. – Du bist o.k.
Einstellung: Der Projektleiter erkennt die schwierige Haltung des Auftraggebers an, sieht ihn dennoch als gleichwertigen Partner und vertraut auf sachliche Argumente, Empathie und eine klare Kommunikation, um einen konstruktiven Dialog zu führen.

In der letzten Einstellung zeigt der Projektleiter Resilienz und strategisches Geschick, ohne die Beziehung zum Auftraggeber zu gefährden.

Anwendungsmöglichkeiten

Die Entwicklung zur Lebensanschauung Ich bin o.k. – Du bist o.k. kann gefördert werden, indem man:

  • Situationen und Personen genauer differenziert: Verhalten ist oft situationsbedingt und nicht ausschließlich durch die Persönlichkeit eines Menschen bestimmt.
  • Funktionen und Persönlichkeiten trennt: Ein Mensch in einer beruflichen Funktion wird häufig mit Eigenschaften assoziiert, die nicht unbedingt mit seiner Persönlichkeit übereinstimmen.

Solche bewussten Perspektivwechsel können helfen, die eigene Wahrnehmung realistischer und empathischer zu gestalten.