Meine Reise durch das „(yo)U“ – ein Weg zu mir selbst
Am Anfang dachte ich, die U-Theorie klingt irgendwie spannend, aber auch ziemlich komplex. Warum sollte ich so viel „über den Prozess nachdenken“ und mich so tief auf neue Ideen und Perspektiven einlassen? Das kam mir zuerst ungewohnt vor, fast ein bisschen unnötig kompliziert. Aber ich vertraute darauf, dass meine Dozenten wussten, was sie taten. Also entschied ich mich, der U-Theorie von Otto Scharmer eine Chance zu geben – vielleicht war das mein erster Schritt in Open Your Heart: das Akzeptieren und Zulassen der Theorie selbst. Ich ließ mich darauf ein, ohne sie sofort kritisch zu bewerten, und merkte, dass das ein Schlüssel zu echtem Lernen und Veränderung sein könnte.
Open Your Mind – sich innerlich freimachen
Die Reise beginnt mit dem Open Your Mind, und ich dachte erst, das wäre kein Problem für mich. Einfach offen für Ideen sein, oder? Doch dann fiel mir auf, wie oft mein Kopf mit Vorurteilen und alten Gedankenmustern gefüllt ist. Ich verstand, dass ich mich innerlich wirklich frei machen musste – also mein „Glas leeren“, wie man sagt. Das bedeutete, meine eigenen Sichtweisen mal loszulassen und Platz für neue Perspektiven zu schaffen. Hier geht es nicht nur darum, zuzuhören, sondern andere Meinungen wertfrei anzunehmen. Und das war eine Art Übung: bewusst nicht sofort zu beurteilen und einfach Raum für das entstehen zu lassen, was andere einbringen. Um Neues zu lernen, muß erst ich erst das Glas le(h)eren.
Open Your Heart – echtes Vertrauen und Empathie entwickeln
Als ich bei Open Your Heart ankam, erkannte ich, dass es eine noch tiefere Ebene der Offenheit gibt. Es reicht nicht, nur rational zuzuhören – man muss wirklich fühlen, was die anderen sagen, und sich selbst emotional öffnen. Eine Situation, in der ich das besonders erlebte, war die Akzeptanz der U-Theorie selbst während meiner Ausbildung zum systemischen Berater. Ich war skeptisch, doch ich spürte, dass ich loslassen musste und darauf vertrauen durfte, dass meine Dozenten wussten, was sie taten. Rogers‘ Prinzip der Akzeptanz half mir dabei – ich nahm die Theorie an, ohne sie sofort in Frage zu stellen. Und je mehr ich das tat, desto mehr öffnete ich mein Herz für neue Ideen und ließ mich tiefer auf den Lernprozess ein.
In Open Your Heart fiel ein weiteres Detail auf: In dem Wort „Heart“ steckt das Wort „Ear“ – ein Hinweis, dass echtes Zuhören Teil des Herzöffnens ist. Es geht darum, das eigene Ego zurückzunehmen und das Gegenüber wirklich zu sehen, zu hören und anzunehmen, wie es ist. Das hat unser Teamgefühl enorm gestärkt und eine Verbundenheit geschaffen, die Vertrauen und Respekt fördert. Rogers‘ Gedanken zur Empathie kamen hier direkt ins Spiel. Ich lernte, dass wahre Offenheit erfordert, dass ich den anderen in seiner Tiefe und ohne Urteile verstehe – und dieses Verständnis veränderte den Umgang miteinander.
Am tiefsten Punkt – der eine Prozent mehr Mut
Dann kam ich zur Phase des tiefsten Punktes im „U“ – der Bereich, an dem man seine alten Gewohnheiten und Muster loslassen muss. Diese Phase fühlte sich für mich unsicher an: Was passiert, wenn ich alles loslasse und dabei keinen neuen Ansatz finde? Doch hier erinnerte ich mich an das Zitat von Romy Kranich-Stein, das mich ermutigte: „Es braucht nur ein Prozent mehr Mut“, um sich wirklich auf das Neue einzulassen. Dieser Satz von Romy half mir, die Unsicherheit zu akzeptieren und trotzdem den nächsten Schritt zu wagen.
Die Reflexionsschleifen gewannen in dieser Phase an Bedeutung. Während ich mich auf das Loslassen vorbereitete, reflektierte ich immer wieder, was ich dabei empfand und was dieser Prozess innerlich in mir auslöste. Mir wurde klar, dass Reflexion kein einmaliger Moment ist – sie begleitet mich die ganze Reise hindurch. In den Schleifen hielt ich inne und betrachtete, was ich innerlich über mich selbst lernte und wie meine Umwelt auf meine Veränderungen reagierte.
Ein Beispiel ist, als ich begann, meine „inneren Antreiber“ zu erforschen. Ich sah mich ehrlich an, erkannte, welche inneren Glaubenssätze mich leiteten, und fühlte, wie sich mein Selbstverständnis Schritt für Schritt veränderte. Nach jeder kleinen Justierung merkte ich, dass sich auch meine Relevanz in der Umwelt verschob – ich fühlte mich verbundener und freier.
Co-Presencing – Der „erwachende“ Moment der Tiefe:
Es war die Zeit des „Co-Presencing“, der intensiven Reflexion, in der ich das Gelernte auf eine tiefere, fast spirituelle Weise begreifen konnte. Ich zog mich immer wieder zurück, um in mich selbst hineinzuhören, die gesammelten Gedanken und Eindrücke zu sortieren. Auch hier kam wieder Carl Rogers‘ Theorie ins Spiel – er sprach von der Akzeptanz und Empathie, die es braucht, um wirklich zu verstehen. In meinem Fall bedeutete das, mich selbst zu akzeptieren und in einem stillen Raum zu spüren, was in mir wirklich wichtig war. Ich musste mir selbst die Erlaubnis geben, auf diese innere Reise zu gehen, ohne Angst vor dem, was sich mir zeigen würde.
Ich nahm mir Zeit, mich immer wieder mit meinen eigenen inneren Antreibern auseinanderzusetzen – den Überzeugungen, die mich bisher in bestimmte Richtungen führten. Es war eine Zeit der Klarheit, aber auch der Konfrontation mit mir selbst. In diesen Momenten gab es immer wieder Reflexionsschleifen, in denen ich mich fragte: Was brauche ich wirklich, um mich weiterzuentwickeln? Was muss ich loslassen, um Platz für das Neue zu schaffen?
Immer wieder kamen und kommen mir die Worte meiner „Lehrer“: „Es braucht nur ein Prozent mehr Mut.“ Diese einfache, aber tiefgehende Aussage hat mich in meiner Weiterentwicklung enorm geprägt. Dieses „ein Prozent mehr Mut“ ist der Moment, in dem ich erkenne, dass alles möglich ist, wenn ich mich nur traue, einen kleinen Schritt weiter zu gehen. Es ist der Punkt, an dem ich meine Antreiber und Ängste hinter mir lasse und den nächsten Schritt mit Vertrauen gehe.
Co-Creating – Erschaffen und Umsetzen:
Mit jeder Entdeckung und jeder Reflexion kam der Moment des „Co-Creating“ – des gemeinsamen Erschaffens. Ich begann zu verstehen, wie wertvoll es ist, gemeinsam Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Hier konnte ich das Gefühl erleben, dass wir als Gruppe zusammenarbeiten, dass wir uns gegenseitig unterstützen und uns unsere besten Ressourcen und Ideen zeigen. Ich konnte die Theorie nun in die Praxis umsetzen und in konkreten Situationen erleben, wie das, was ich gelernt hatte, tatsächlich funktionierte. Es gab noch so viele offene Fragen, und ich spürte, dass ich bereit war, diese in einem kreativen, offenen Prozess zu füllen.
Das Gefühl, das Wissen und die Theorie auf das Leben zu übertragen, brachte mir eine tiefe Freude und Begeisterung. Ich konnte erkennen, wie die systemischen Fragen, die ich immer wieder stellte, ein Licht auf das werfen konnten, was unter der Oberfläche verborgen lag. Hier merkte ich, dass der wahre Wert der Theorie nicht im theoretischen Wissen liegt, sondern in der Anwendung und dem praktischen Nutzen.
Verdichten und klären – die besten Ideen herausholen
Als ich mich an das Verdichten machte, fing alles, was ich gesammelt hatte, an, sich in mir zu ordnen. Es war, als würde ich auf einer klaren Ebene die besten Gedanken herausfiltern und mit einer ganz neuen Klarheit vor mir sehen. Hier spielte Rogers‘ Idee der Ehrlichkeit eine Rolle. Ich musste klar und ehrlich zu mir und anderen sein: Welche Ideen haben Substanz? Welche brauche ich nicht mehr? Es erforderte Ehrlichkeit und den Mut, Dinge anzusprechen, die passen, und auch, welche uns nicht weiterbringen.
Hier half die vorherige Öffnung des Geistes und des Herzens enorm, weil ich ehrlich sein konnte, ohne Angst vor Ablehnung oder Kritik. Die besten Ressourcen waren jetzt genau dort, wo sie hingehörten, und jeder konnte seine Stärken und Ideen einbringen, um etwas Gemeinsames und Starkes zu erschaffen.
Co-Evolving – Die kontinuierliche Veränderung:
Es kam der Moment des „Co-Evolving“. Es war eine Zeit des ständigen Wandels, aber auch des Feststellens: Das Gelernte begann sich zu verdichten und zu festigen. Die Theorie wurde zu meiner eigenen Praxis. Ich spürte, wie sich meine Perspektive auf Menschen, Situationen und Herausforderungen veränderte. Ich freute mich über jede neue Entdeckung, jedes neue „Aha“-Erlebnis, und mit jedem Schritt fühlte ich mich sicherer, dass ich auf dem richtigen Weg war. In diesem Moment war ich mir sicher: Das war genau der Weg, den ich gehen wollte.
Ich merkte, wie das Gelernte nicht nur mein Denken prägte, sondern auch mein Handeln. Es war, als ob sich ein vertrautes Gefühl von Routine entwickelte – nicht aus Gewohnheit, sondern aus einem tiefen Verständnis heraus. Ich fühlte, dass ich die richtigen Fragen stellen konnte, die richtigen Entscheidungen traf, und ich konnte beobachten, wie sich in mir eine immer klarere Haltung bildete.
Und dann, an diesem Punkt, wo alles irgendwie zusammenkommt – da, wo ich nicht mehr nur beobachte, sondern auch aktiv mitwirke – da begann ich zu erkennen, wie die systemische Philosophie mein Leben verändert hatte. Das Wissen um die „Vier Quadranten des Gehirns“ nach Ned Herrmann, das „Vier-Ohren-Prinzip“ von Friedemann Schulz von Thun,mit den verschiedenen Ebenen der Kommunikation – all das wurde zu Werkzeugen, die mich unterstützten, die Welt um mich herum besser zu verstehen und tiefere Verbindungen zu den Menschen zu schaffen, mit denen ich in Kontakt war.
Ausprobieren und reflektieren – immer wieder anpassen
Jetzt war ich an dem Punkt, an dem ich alles, was ich gelernt hatte, ausprobieren wollte. Doch ich erkannte, dass Ausprobieren kein statischer Prozess ist. Die Reflexionsschleifen begleiten mich weiterhin, damit ich während der Umsetzung flexibel bleiben und immer wieder Anpassungen vornehmen kann. Ich lernte, dass das Ziel nicht ein statisches „Ergebnis“ ist, sondern ein flexibles Gebilde, das durch ständige Reflexion immer besser wird.
Ich begann, das Glas wieder und wieder zu leeren und jeden Moment so anzunehmen, wie er kam. Jedes Experimentieren war eine Chance, zu lernen und zu stärken. Die Offenheit und der Mut, nicht sofort eine „endgültige Lösung“ zu suchen, sondern im Prozess zu bleiben, schufen ein wachsendes Vertrauen. So wuchs aus der gemeinsamen Arbeit mit anderen etwas, das ich alleine nie hätte schaffen können.
Begleitung und Unterstützung – gemeinsam auf der Reise
Eine wichtige Erkenntnis, wie wertvoll es ist, wenn jemand den Prozess begleitet. Diese Begleitung gibt Sicherheit, sorgt für Struktur und erinnert daran, immer wieder zurückzukehren zu den Prinzipien der Offenheit und Ehrlichkeit. Eine Person, die den Weg mit uns geht, kann den Raum halten, in dem wir uns wirklich entfalten und in Sicherheit auch schwierige Emotionen zulassen können.
Ein Blick in die Zukunft
Ich blicke nach vorne, gespannt darauf, wie sich der Weg noch weiter entfalten wird. Ich weiß jetzt, dass ich mich auf diesem Weg nicht alleine fühle. Ich spüre eine tiefe Verbindung zu dem, was war und dem, was noch kommen mag. Die Reise hat mir gezeigt, dass ich jederzeit in der Lage bin, die Theorie weiter zu vertiefen und noch besser zu verstehen. Ich freue mich auf die neuen Erfahrungen, die noch auf mich warten.
Ich habe gelernt, was es bedeutet, wirklich zuzuhören – sowohl mit meinem Kopf als auch mit meinem Herzen. Es ist diese Fähigkeit, die alles verändert, die den Unterschied macht. Ich habe mein „Glas“ geleert, um Platz für neue Gedanken und Erfahrungen zu schaffen. Und das lässt mich die Reise nicht nur als Entdeckung, sondern als tiefe Freude erleben.
Und so gehe ich weiter, in dem Wissen, dass jede neue Herausforderung mich noch mehr zu dem bringt, was ich bereits in mir trage. Der Weg ist immer noch offen und weit, und ich gehe ihn weiter mit einem Gefühl von Vertrauen und Vorfreude.
Um es mit den Worten von Romy Kranich-Stein zu sagen: „Bis morgen, wann immer das auch sein mag.“